Der neu eingefügte § 32 Abs. 2 BGB lautet:
„Bei der Berufung der Versammlung kann vorgesehen werden, dass Mitglieder auch ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation an der Versammlung teilnehmen und andere Mitgliederrechte ausüben können (hybride Versammlung). Die Mitglieder können beschließen, dass künftige Versammlungen auch als virtuelle Versammlungen einberufen werden können, an der Mitglieder ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation teilnehmen und ihre anderen Mitgliederrechte ausüben müssen. Wird eine hybride oder virtuelle Versammlung einberufen, so muss bei der Berufung auch angegeben werden, wie die Mitglieder ihre Rechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können.“
Im Wesentlichen werden drei Dinge geregelt:
- Es kann immer – auch ohne entsprechende Beschlüsse der Mitgliederversammlung oder Satzungsregelung – zu einer hybriden Mitgliederversammlung einberufen werden. Bei einer hybriden Mitgliederversammlung haben die Mitglieder aber ein Wahlrecht zwischen Teilnahme in Präsenz und Teilnahme mittels elektronischer Kommunikation. Über die Einberufung einer hybriden Mitgliederversammlung entscheidet grundsätzlich der Vorstand. Die Zuständigkeit kann durch Satzungsregelung aber auch einem anderen Vereinsorgan übertragen werden.
- Die Mitgliederversammlung kann beschließen, dass die Teilnahme an der Mitgliederversammlung nur im Wege elektronischer Kommunikation möglich ist (virtuelle Mitgliederversammlung). Eine Präsenzteilnahme ist dann nicht möglich (kein Wahlrecht). Die Einberufung einer virtuellen Mitgliederversammlung ist dem Vorstand nur nach vorherigem Beschluss der Mitgliederversammlung möglich. Der Beschluss kann eine einmalige Versammlung betreffen oder auf unbestimmte Zeit Geltung entfalten (sog. Vorratsbeschluss).
- Sowohl bei hybrider als auch bei elektronischer Kommunikation muss bei der Einberufung angeben, wie die Mitglieder ihre Rechte (Antrags-, Rede- und Stimmrechte) im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können – sprich: Videokonferenz, Telefonisch, Abstimmungstool, Chat usw.
Für Vereine mit eigener Satzungsregelung zu hybriden und virtuellen Mitgliederversammlungen ändert sich durch die neue Regelung grundsätzlich nichts. Hier richten sich hybride und virtuelle Versammlungen weiterhin nach der eigenen Satzung. Die Vereinssatzung hat diesbezüglich Vorrang vor dem Gesetz (§ 40 BGB i.V.m. § 32 BGB).
Vereine ohne Satzungsregelung zu hybriden und virtuellen Mitgliederversammlungen können aufgrund des neues § 32 Abs. 2 BGB nunmehr hybride und virtuelle Mitgliedersammlungen durchführen. Hierbei müssen Vereine aber insbesondere Folgendes beachten:
- Die Mitglieder haben bei hybriden Mitgliederversammlungen bis zu Beginn der Mitgliederversammlung grundsätzlich ein Wahlrecht zwischen der Teilnahme in Präsenz oder mittels elektronischer Kommunikation. Der Verein muss daher sowohl ausreichend Räumlichkeiten für eine Präsenzteilnahme aller Mitglieder als auch die Technik für eine Teilnahme mittels elektronischer Kommunikation vorhalten.
- Eine verbindliche Anmeldefrist ist nur in sehr engen Grenzen zulässig und müsste in der Satzung oder Geschäftsordnung geregelt werden.
- Der Beschluss zur virtuellen Mitgliederversammlung muss wirksam und nachweisbar sein. Sonst sind im Streitfall grundsätzlich alle Beschlüsse der virtuellen Versammlungen unwirksam.
Der Gesetzgeber hat zudem bewusst darauf verzichtet, die Art der „elektronischen Kommunikation“ weiter zu qualifizieren. So soll neben der Videokonferenz auch die Teilnahme per Chat möglich sein.
Vereine können weiterhin eigene Satzungsregelungen zu hybriden und virtuellen Versammlungen treffen. Hier können Vereine die Regelungen sowohl enger fassen (z.B. Ausschluss von hybriden Versammlungen) als auch ausweiten (z.B. rein virtuelle Versammlung auch ohne Beschluss der Mitgliederversammlung).
Wie bei den meisten Satzungsregelungen gibt es hier keinen allgemeingültigen Lösung. Auch ohne spezielle Satzungsregelung sollten Vereine die Satzung und ggf. die Geschäftsordnung auf die Kompatibilität zur neuen gesetzlichen Regelung überprüfen, um die reibungslose Anwendung der neuen Regelung sicherzustellen.
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